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Wroclaw (Breslau) - Allgemeine Informationen
 
 


 

Wroclaw (Breslau) - Die Stadt vieler Völker
Von Dariusz Lechanski

Breslau (Wroc³aw) ist die viertgrößte Stadt Polens im Südwesten des Landes nahe der deutsch-tschechischen Grenze. Die Stadt an der Oder hat eine ungewöhnlich bewegte Geschichte hinter sich. So befand sich Breslau unter der Herrschaft: der Polen, Tschechen, Österreicher, Deutschen und sogar der Ungarn. Alle hinterließen Spuren in der niederschlesischen Metropole.

Breslau war über die Jahrhunderte hinweg ein wahrer Leckerbissen für zahlreiche Herrscher, die davon träumten ihr Reich zu vergrößern. Stets war es von zu großer Bedeutung, um nur von einer Großmacht über eine längere Zeit beherrscht zu werden. Die ersten Herrscher waren die Piasten, die im Jahre 1000 in Breslau ein unabhängiges Bistum gründeten. Ihnen folgten tschechische Regenten, die ab 1335 die Stadt und ganz Schlesien einnahmen, nach ihnen kamen im Jahr 1526 die Habsburger. Infolge der Schlesischen Kriege fiel 1742 Breslau, aber auch ganz Schlesien an die Preußen. Die nächsten 200 Jahre über war Breslau deutsch. Und es waren die Deutschen, die der Stadt ihren endgültigen Charakter gaben. 

Der Städtenamen änderte sich mehrmals im Laufe der Zeit: Wratislavia, Breslau und Wroclaw sind die bekanntesten Abwandlungen. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts war Breslau sogar über vier Jahre hinweg Provinz des prosperierenden ungarischen Großreichs unter König Maciej Korwin. Wie wichtig die Stadtgeschichte den Breslauern ist, davon zeugt die Wahl des Stadtwappens. Im Jahr 1990 sprach sich die Mehrheit der Einwohner für die Wiedereinführung des Wappens aus dem 16. Jahrhundert aus. Norman Davis, der britische Historiker von Weltruf, der mittlerweile in Breslau wohnt und eine "Biografie" Breslaus verfaßt hat; bezeichnete Breslau als eine der herrlichsten Städte Europas. 
Bis Ende 1944 blieb Breslau eine ruhige deutsche Stadt - weit entfernt von allen kriegerischen Auseinandersetzungen - so schien es. Viele deutsche Familien suchten und fanden Zuflucht in Niederschlesien und vor allem auch in Breslau. Doch in der Endphase des Zweiten Weltkrieges wurde die Odermetropole zur "Festung Breslau" ausgebaut. Breslau fiel erst am 9.5.1945, also einen Tag nach der Kapitulation des Deutschen Reiches. Der relativ kurze Kampf um Breslau zerstörte 60 bis 80 Prozent der städtischen Bausubstanz. Von der Perle des europäischen Jugendstils, wie Kenner sie liebevoll nannten, blieb lediglich Geröll und Schutt zurück. An der massiven Zerstörung Breslaus hatten nicht nur die Bomben der Roten Armee Schuld. Auf Befehl der Wehrmacht wurden u.a. ganze prunkvolle Häuserzeilen abgerissen, um Platz zu schaffen für die Errichtung einer Flugbahn. Diesem Plan fiel z.B. die ganze Kaiserstraße (heute plac Grunwaldzki) zum Opfer. Nach dem Krieg fiel Breslau an Polen, dessen Grenzen nach Westen rückten. Die neuen polnischen Machthaber liebten Wroclaw, wie Breslau ab 1945 hieß, zunächst wenig. In den ersten Nachkriegsjahren ließen sie alles demontieren, was einen Wert besaß, und überführten es nach Warschau. So hatte Breslau einen nicht geringen Anteil an der Aktion "Das ganze polnische Volk erbaut seine Hauptstadt": Ziegel, Straßenbahnen, ganze industrielle Fertigungsanlagen wurden nach Warschau gebracht. Trotz dieses "Aderlasses" gelang es den Breslauern ihre Stadt wiederaufzubauen. 

Bereits im Jahr 1948 lud Breslau die Welt zu einem "Kongress der Intellektuellen" ein, u.a. kam auch Pablo Picasso nach Polen. Allmählich wurde Breslau polnisch, gerade durch die vielen polnischen Vertriebenen aus den Ostgebieten u.a. aus Lemberg, die in die Stadt einströmten. Gerade diese brachten viel neuen Geist und Energie an die Oder. Heute gehört Breslau zu den "Boomtowns" Polens und erstrahlt in alter, neuer Pracht. Egal wie man durch Breslaus Zentrum schreitet: Überall wird man viel Sehenswertes finden. Ohne sie suchen zu müssen, trifft man auf viele Baudenkmäler aus verschiedenen Epochen in unterschiedlichen Baustilen. Besonders wohl fühlt sich jeder Tourist auf dem Marktplatz mit seinem gotischen Rathaus (ratusz) in der Mitte. Alles hat wie durch ein Wunder die Jahrtausendflut von 1997 unbeschadet überstanden. Unweit des historischen Stadtkerns liegt auch die Universität, die im Jahr 2002 ihr 300-jähriges Bestehen feiert. 

Besonders auffällig sind in Breslau die vielen Jugendlichen. Das ist typisch, denn die Stadt ist sehr "jung". An 11 Hoch- und Fachhochschulen und weiteren 13 privaten Einrichtungen studieren rund 100.000 Studenten, und dies bei einer Einwohnerzahl von ca. 670.000. München mit seinen 1,5 Millionen Einwohnern verzeichnet lediglich 75.000 Studierende. Das Gros ist in riesigen Studentenheimen untergebracht. Die größten Wohnkomplexe sind am plac Grunwaldzki angesiedelt. Nur einen Steinwurf davon entfernt befindet sich eine der größten Attraktionen Breslaus: die bereits erwähnte Jahrhunderthalle aus dem Jahr 1913. Pünktlich zum 100. Jubiläum der Völkerschlacht zu Leipzig wurde sie fertiggestellt. Heute dient sie für Konzerte, Messen und Sportevents. Gleich nebenan liegt der Zoo, übrigens der größte in Polen.